Ich habe schon lange darüber nachgedacht, mir neben dem Praxisalltag ein Fachgebiet zu suchen, das eine echte Herausforderung darstellt – aber eines, in dem ich mich so weit entwickeln kann, dass ich auf qualitativ hohem Niveau arbeiten und letztlich auch Freude daran finden kann. Ich habe mich für die Zahnheilkunde entschieden. In den Jahren 2022–2023 habe ich an mehreren sehr hochwertigen, online verfügbaren Fortbildungen teilgenommen. Dabei wurde mir schnell (und nicht überraschend) klar, dass das allein nicht ausreichen würde. Zum Glück konnte ich 2024 einen dreiteiligen Kurs in Kleintierzahnheilkunde in Budapest absolvieren, der sowohl theoretische als auch praktische Inhalte umfasste. Parallel dazu habe ich in Wien einen ähnlichen, jedoch erweiterten Basiskurs mit sieben Modulen besucht. Beide Kurse wurden von führenden Spezialist:innen Europas geleitet und zählen zu den besten Fortbildungen, die derzeit in diesem Bereich angeboten werden. Im Jahr 2025 konnte ich außerdem in Wien an einem viertägigen Spezialkurs zur Endodontie (Wurzelbehandlung) teilnehmen. Mir wurde klar: Um Zahnheilkunde auf einem wirklich guten Niveau ausüben zu können, braucht es neben theoretischem Wissen vor allem sehr viel Praxis, eine unvorstellbare Menge an Instrumenten und Geräten – und sehr, sehr viel Geduld. Was die Instrumente und Geräte angeht, bin ich inzwischen sehr gut ausgestattet – mit Ausnahme eines CBCT-Geräts habe ich im Prinzip alles, vieles davon sogar mehrfach, damit ich im Falle eines Defekts oder Bruchs während einer Behandlung nicht in eine unangenehme Situation gerate. Mit der zunehmenden praktischen Erfahrung ist auch meine Geduld gewachsen. Wir sind mittlerweile gut vorbereitet auf eine gründliche Untersuchung der Maulhöhle, Zahnextraktionen, chirurgische Zahnentfernungen, Vitalpulpatherapien wichtiger Zähne, Wurzelbehandlungen – und auch auf kieferorthopädische Behandlungen (für Letzteres fehlt mir noch der entsprechende Spezialkurs, aber ich hoffe, in Zukunft daran teilnehmen zu können). Ich musste meine bisherige Routine und mein Denken im Bereich der Zahnmedizin grundlegend verändern. Bei uns gibt es fast keine Fälle mehr von „nur“ Zahnsteinentfernung – höchstens bei jungen Hunden in Ausnahmefällen. Wir möchten Probleme erkennen, bevor sie größer werden, oder bereits bestehende Erkrankungen heilen – deshalb schauen wir auch „in die Tiefe“ der Zähne, mit Sonde und Röntgen. Ohne Röntgenbilder wird bei uns kein Zahn gezogen, und ohne Narkose machen wir keine Zahnbehandlung – denn ich möchte die Maulhöhle gründlich untersuchen, und das ist im wachen Zustand schlicht unmöglich. Es geht uns nicht nur darum, dass die Zähne von außen ein paar Wochen oder Monate lang weiß und sauber aussehen – wir wollen auch erkennen, ob es eventuell erste Anzeichen einer parodontalen Erkrankung oder Zahnresorption gibt. Auch bei Hunden und Katzen ist es enorm wichtig, in welchem Zustand sich ihre Maulhöhle und Zähne befinden. Ihre Zähne werden in der Regel nicht geputzt – noch nicht. Aber ich bin sicher, dass sich auch das mit der Zeit ändern wird. Gerade bei jungen Hunden ist es mir wichtig, den Besitzer:innen die Bedeutung von Zahnpflege, Mundhygiene und regelmäßigen Kontrolluntersuchungen zu vermitteln – so wie es bei uns Menschen selbstverständlich ist. Denn diese Tiere leben mit uns zusammen, sie schlafen bei uns (bei mir nur Katzen, die Hunde sind dafür zu groß). Ein echter Spezialist werde ich wohl nicht mehr – dafür bin ich inzwischen zu „alt“. Aber Lernen darf nie aufhören, und ich freue mich jetzt schon auf die Spezialkurse des nächsten Jahres. Mittlerweile bereitet mir die Zahnheilkunde meistens Freude – außer (zum Glück immer seltener), wenn etwas abbricht oder stecken bleibt. Dann frage ich mich manchmal, ob es nicht einfacher wäre, in einer Fabrik zu arbeiten. Wir alle wissen, wie Zahnschmerzen sich anfühlen. Auch Hunde und Katzen können Zahnschmerzen haben – sie können es uns nur nicht sagen. Lassen wir uns nicht täuschen, sondern schauen genau hin und versuchen, ihnen zu helfen. Wenn ein Tier mit einem Zahnproblem zu mir kommt, versuche ich, es mit größter Sorgfalt und nach bestem Wissen zu behandeln.